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Steven

Schneemannbauen richtig
Steven am 04.01.2006 um 01:03

Zwischen Weihnachten und Neujahr hab ich mich mit meiner Freundin bei meinen Eltern einquartiert. Zum einen weil ich keinen Bock auf kochen habe, zum anderen... Mmmm das war eigentlich schon der einzigste Grund. Ist ja auch egal! Jedenfalls war die Idee doch nicht so gut, wie ich zuerst dachte.
Eigentlich wollte ich etwas abschalten und relaxen, doch schon am ersten Tag wurde das Haus meiner Eltern von dutzenden Verwandten und Bekannten belagert. Sogar die Freundinnen meiner Schnecke tauchten plötzlich auf und da es draußen schneite, wie schon seit zehn Jahren nicht mehr in Berlin, hatte ich nicht die kleinste Chance zu entkommen.
Fast war ich froh, dass ich ab und zu den Weg vorm Haus frei zuschaufeln durfte.
Meine Freundin meinte zwar, dass ich nicht jede Stunde rausgehen müsste und es vollkommen reichen würde, morgens und abends zuschüppen, aber... Was weiß die denn schon!
Jedenfalls hab ich Schnee geschippt. In den letzten Tagen kam auch wirklich ne?ganze Menge runter. Es war zwar nicht so schlimm wie in Prizien, wo wir uns durch drei Meter hohe Schneewehen graben mussten, um aufs Klo zu kommen. Aber irgendwann war es so viel, dass es nicht mehr ausreichte, den Schnee zur Seite zu schieben, weil schon bald kein Platz mehr für die Autos da war und ich musste den Schnee zu einem großen Haufen auftürmen.
Zwei Tage vor Silvester war der Schneehaufen so groß, dass ich nicht mehr hinüberblicken konnte und ich überlegte, wo ein guter Standort für einen Zweiten sein könnte. Da sprachen mich drei Knirpse, vielleicht zehn Jahre alt, an und fragten höfflich, ob sie meinen (Ja, sie sagten ?meinen?) Schnee haben dürften, damit sie einen Schneemann bauen können.
Im ersten Moment dachte ich, die wollen mich verarschen. Ich mein, seit wann gehört den der Schnee jemanden? Was kommt dann als Nächstes? Rechnungen von den Wasserwerken und der Bewag für Regen und Sonnenschein? Und warum fragen die einem Fremden, also mich, ob sie einen Schneemann bauen dürfen? Das ist doch schließlich das Recht aller Kinder!
Ich vermutete sofort einen Trick. Wahrscheinlich brauchen die kleinen Scheißer den Haufen nur, um sich Schneebälle zubauen, mit denen sie mich dann bewerfen würden.
Aber als ich die Großstadtbrut einen Augenblick nachdenklich betrachtete, wurde mir schnell klar, dass sie noch nie in ihrem kurzen Leben richtigen Schnee gesehen hatten und mit dem plötzlichen Wintereinbruch völlig überfordert waren. Also beschloss ich, ihnen zu helfen.
Ich nahm sie zur Seite und erklärte ihnen, wie man einen Schneemann richtig baut. Dazu braucht man eben nicht einen Haufen alten, harten Schneematsch, sondern ausschließlich frischen Schnee.
Zuerst formt man eine kleine Kugel und rollt sie dann durch den Schnee. Da durch wird sie immer größer. Das macht man solange, bis sie groß genug ist und das Ganze wird zwei Mal wiederholt. Natürlich müssen die nächsten Schneekugeln kleiner sein. Versteht sich!
An den zweifelnden Gesichtern konnte ich erkennen, dass jetzt die Drei dachten, dass ich sie verarschen will. Darum musste ich ihnen bei der ersten Schneekugel helfen. Dabei gab ich noch einige gute Ratschläge, die mir gerade einfielen, wie zum Beispiel: Dass man um gelben Schnee eine weiten Bogen machen muss oder Schneekugel nicht auf der Straße rollen, weil der Schnee dort schmutzig ist. Schließlich haben die kleinen Würmer die komplizierte Technik kapiert und machten allein weiter. Stellten sich dabei auch nicht all zu dumm an. Allerdings wurde aus dem Schneemann kein Schneemann, sondern eine Schneefrau mit zwei überaus deutlichen weiblichen Attributen. Und die zwei Schneebälle, die monströs aus der mittleren Schneekugel ragten, zähle ich als eine der zwei typischen Merkmale. Diese kleinen Perverslinge!
Während die Hosenscheißer noch mit der weiblichen Anatomie kämpften, bereitete ich ein Arsenal aus dutzenden Schneebällen vor. Genug um mir einen kleinen Vorsprung vor sechs flinken Händen zu verschaffen und kaum waren die kleinen Maden mit Frau Schneemann fertig, traf meine erste Kugel. Ein gnadenloses Bombardement prasselte auf sie herab und der Pulverschnee legte sich wie ein feiner, weißer Nebel über die Landschaft.
Vielleicht erinnerst du dich noch, liebes Tagebuch, was ich vorhin über die Drei gesagt habe. Ja, sie waren völlig überfordert. Zu meiner Zeit hätte ein so heimtückischer Angriff eine stundenlange Schneeballschlacht ausgelöst, mit etlichen Schwerverletzten und einem Sachschaden in den Hunderttausenden. Was Viele nicht wissen, aber wirklich stimmt, ist, dass der Erste Weltkrieg nur deshalb ausbrach, weil irgend so ein österreichischer Prinz in Sarajevo einen Schneeball in die Fresse bekommen hat. Ist wirklich wahr!
Die Weltgeschichte wäre wahrscheinlich völlig anders verlaufen, wenn der Prinz damals genauso reagiert hätte, wie die drei Weicheier heute.
Die haben einfach angefangen zu heulen und suchten Schutz hinter der Schneefrau, als wäre sie ihre richtige Mama. Aber nicht mit mir! Ich kenne jeden Trick! Wahrscheinlich warten sie nur auf eine Gelegenheit für einen Angriff!
Gnadenlos deckte ich sie mit Schneebällen ein, bis das Geschlecht des Schneeetwas nicht mehr zu erkennen war. In einer kurzen Feuerpause als mir die Munition ausgegangen war und ich schnell einen neuen Schneeball formte, rannten die Heulsusen davon. Ich wartete eine Weile auf den Gegenschlag, der jedoch nie kam, und ging dann zurück ins Haus.
Die drei Schneemännchen habe ich bis jetzt nicht wieder gesehen. Wahrscheinlich mussten sie zum Mittagessen oder so. Naja, zumindestens habe ich ihnen vorher noch einen Crashkurz in Sachen Wintersport verpasst.
Ach... Und die Überreste der Schneefrau habe ich zu Silvester in die Luft gejagt.
Selbst gebaute Knaller sind doch die Besten!

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